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DAS MAGAZIN FÜR VERSCHWÖRENDE

Was wäre, wenn wir wüssten, dass die Zukunft richtig gut wird? Zukunftsgeschichten als positive Gestaltungsräume

Ein Gastbeitrag von Jennifer Fritz


In einer Zeit, in der Krisen allgegenwärtig erscheinen – vom Klimawandel über gesellschaftliche Polarisierung bis hin zu wirtschaftlichen Umbrüchen – stellen sich bestimmte Fragen immer drängender: Wie können wir unsere kollektive Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wie schaffen wir es, statt in Angst und Lähmung zu verharren, neue Wege zu finden, um gemeinsam wünschenswerte Zukünfte zu entwerfen und darauf hinzuarbeiten?


Wie kommen wir aus dem Dystopiegefühl wieder raus? Die Antwort könnte überraschend einfach sein: Geschichten.


Foto von Hadija auf Unsplash
Foto von Hadija auf Unsplash

Genauer gesagt, Geschichten über die Zukunft, die wir gemeinsam erschaffen wollen. Als Trainerin für Futures Thinking und Storytelling habe ich erlebt, wie kraftvoll gemeinschaftlich entwickelte Zukunftsnarrative sein können. Sie bieten nicht nur Orientierung in unübersichtlichen Zeiten, sondern schaffen auch Freiräume für neue Ideen und verbinden Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven im gemeinsamen Gestalten.


Warum Futures Thinking gerade jetzt so wichtig ist


Wenn wir als Menschen es mit komplexen und bedrohlichen Situationen zu tun bekommen, dann schrumpft unser Denkhorizont. Wir fokussieren uns auf unmittelbare Gefahren, während unsere Fähigkeit, langfristig und kreativ zu denken, abnimmt.

 

Genau dieses Phänomen können wir gerade in vielen Ländern auf gesellschaftlicher Ebene beobachten – eine kollektive Kurzfristorientierung, die paradoxerweise unsere Fähigkeit einschränkt, mit den größten Herausforderungen unserer Zeit umzugehen.


Jane McGonigal, Forschungsdirektorin des Institute for the Future in Palo Alto fasst die neurologische Ursache dazu wie folgt zusammen:


"Unser Gehirn behandelt die Zukunft wie einen Fremden. Die Gehirnregion, die aktiv ist, wenn wir über uns selbst nachdenken, ist weniger aktiv, wenn wir über unser zukünftiges Selbst nachdenken – sie verhält sich, als würden wir über eine völlig andere Person nachdenken."

Diese "neurologische Distanz" zur Zukunft wird in Krisenzeiten noch verstärkt. Doch gerade dann brauchen wir die Fähigkeit, über den Tellerrand der gegenwärtigen Krise hinauszuschauen.


Futures Thinking – das strukturierte Nachdenken über mögliche, wahrscheinliche und wünschenswerte Zukünfte – gibt uns diese Fähigkeit zurück. Es erweitert unseren Denkhorizont, stärkt unsere Handlungsfähigkeit und eröffnet neue Handlungsoptionen.

 

Geschichten als Freiräume für Zukunftslust

Wie man gemeinsam Erzählräume konstruktiv und kreativ verhandelt, habe ich selbst erlebt: Beim „Barcamp für Neugier und Zukunftslust“ in Bamberg wurde diese Kraft von Geschichten besonders deutlich. Die Teilnehmenden – eine heterogene Gruppe aus verschiedenen Fachbereichen und Lebenswelten – kamen zusammen, um gemeinsam Zukunftsgeschichten mit meiner Methode, dem „Future Story Spine“, zu entwickeln.


Dabei stellte sich heraus, dass Geschichten besonders gut geeignet sind, um "Freiräume für Zukünfte" zu schaffen:


  • Geschichten schaffen interpretative Freiräume: Gut konstruierte Zukunftsgeschichten enthalten bewusst gestaltete Leerstellen, die verschiedene Deutungen ermöglichen und zum Weiterdenken anregen.

  • Geschichten ermöglichen "Mobilität": Zukunftsnarrative transportieren uns über die Grenzen des Vertrauten hinaus und erlauben uns, alternative Realitäten zu erleben.

  • Geschichten bilden Gemeinschaft: Vielleicht am wertvollsten ist die gemeinschaftsbildende Kraft des gemeinsamen Erzählens. In der Session fanden Gruppen aus Menschen, die sich zuvor nicht kannten, einen Weg in und durch eine gemeinsame Zukunft.


Geschichten haben dabei die besondere Kraft, abstrakte Konzepte greifbar zu machen und emotionale Verbindungen herzustellen. Das Prinzip des Future Story Spines ist dabei denkbar einfach:

 

In zehn Jahren mache ich ______________

 

Seit ich ______________ mache, passiert ______________

 

Deshalb ______________

 

Deshalb ______________

 

Dadurch stelle ich sicher, dass ______________

 

Zusammenfassend ______________


Um die Kreativität anzuregen, gebe ich dazu Piktogrammwürfel (Story Dice) oder Storykarten an die Gruppen aus.

 

Eine besondere Stärke der Methode liegt darin, dass sie spielerisch verschiedene Perspektiven zusammenbringt und so ganzheitliche Lösungsansätze fördert.


In einer Zeit, in der komplexe Probleme allzu oft in Silos betrachtet werden, bietet der Future Story Spine somit einen Raum für interdisziplinäres und intersektionales Denken.

 

Wie Jane McGonigal betont:

"Um eine Veränderung zu schaffen, müssen wir uns vorstellen können, wie die Dinge anders sein könnten."

Der Future Story Spine, aber auch andere Futures Thinking Methoden, geben uns genau diese Werkzeuge: die Fähigkeit, gemeinsam zu überlegen, wie eine wünschenswerte Zukunft aussehen könnte – und damit den ersten Schritt zu tun, um sie Wirklichkeit werden zu lassen.

 

Die Zukunft mag ungewiss sein, aber sie ist nicht vorbestimmt. Sie ist eine Geschichte, die wir gemeinsam schreiben – Satz für Satz, Handlung für Handlung.

 

Mehr über Jennifer Fritz und ihre Future Thinking Workshops findet ihr unter: https://www.concept-and-story.de/futures-thinking/


Wer beim nächsten "Barcamp für Neugier und Zukunftslust“ in Bamberg 2026 dabei sein will, der kann sich hier schon mal anmelden: https://www.eventbrite.de/e/camp-fur-neugier-und-zukunftslust-tickets-1302982779569

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